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Der monumentale Kalvarienberg im Kloster Marienburg in Abenberg (Juli 2018)

An der Nordseite der St. Stilla-Klosterkirche in Abenberg ist ein imposanter Kalvarienberg aufgestellt aus lebensgroßen rundplastischen Holzfiguren, der aufgrund seiner hohen bildhauerischen Qualität und seiner Geschichte den Fachmann begeistert. Er ist sehr einfühlsam polychrom gefaßt. Die Figuren, Christus am Kreuz, die beiden Schächer, Maria, Johannes und Maria Magdalena stehen auf einem illusionistisch angedeuteten Hügel. Sie sind überfangen von einem Schutzdach, das die direkte Bewitterung abhalten soll.

Die Skulpturen wurden im Jahr 1922 von dem Antiquitätenhändler Fritz Riehl, einem gebürtigen Abenberger, erworben und für die Klosterkirche gestiftet zum Gedenken an seinen im 1. Weltkrieg gefallenen Sohn Jakob. Von dem Spezialisten für barocke Plastik Adolf Feulner wurden die Arbeiten einem Mitglied der niederbayerischen Bildhauerfamilie Hiernle zugeschrieben. Sie können in die Zeit um 1760-1770 datiert werden. Heute gelten viele Arbeiten Hiernles als Werke von Johann Christian Jorhan d. Ä. (1727-1804), der zusammen mit Ignaz Günther bei Johann Baptist Straub in München gearbeitet hat. Es handelt sich um Bildhauerarbeiten des Rokokos von großer Virtuosität, die sehr expressiv das Sterben Christi und die Erschütterung seiner Getreuen schildern. Da im Jahr 1926 die Münchner Kirchenmalerfirma Schellinger und Schmer mit der Restaurierung der Kirche betraut gewesen war, ist anzunehmen, daß auch diese Skulpturen ihre Fassung erhalten haben. Aufgrund des problematischen und ungewöhnlichen Materials für den Außenbereich mußte 1964 eine weitere Restaurierung durch Bildhauer Eduard Graf und Kirchenmaler Konrad Schmer erfolgen. Das Ergebnis dieser gut gemeinten Bemühungen präsentiert sich heute in einem bedenklichen und bedauerlichen Zustand: Die Farbfassung löst sich in kleinen Schollen von der Grundierung ab.

Für die Pfarrei Abenberg und seine Umgebung und für das Kloster, das Mutterhaus der Kongregation von der Schmerzhaften Mutter, hat der Kalvarienberg eine wichtige Bedeutung, findet doch an ihrem Gedenktag, am 21. Juli der große Festgottesdienst zu Ehren der seligen Stilla auf diesem Platz vor der Kirche statt. Der ansonsten zu Unrecht wenig beachtete Kalvarienberg steht also zu der Zeit im Blickfang zahlreicher Gläubiger. In jedem Detail der Figuren spürt man eine Spannung und Erregung. Maria blickt still und niedergeschlagen zu ihrem Sohn am Kreuz. Maria Magdalena ist auf die Knie gefallen, umarmt das Kreuz und weint bitterlich. Johannes schreit den Schmerz lauthals heraus. Bei den Schächern, die mit Stricken ans Kreuz gebunden sind, wird ihr sehr unterschiedlicher Todeskampf genau nach der biblischen Erzählung geschildert.

Stilla von Abenberg gehörte einem Ministerialengeschlecht an und lebte in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts. Der Legende nach führte sie ein tugendhaftes Leben und widmete sich der damals aufkommenden Bewegung des Lebens in selbstgewählter Armut. Sie strebte die Gründung eines Klosters an, das erst 1491 an ihrer Begräbnisstätte gegründet werden konnte. Es wurde von Augustinerchorfrauen aus Marienstein und Königshofen besiedelt. Hofbaumeister Jakob Engel lieferte 1677 die Pläne für den Neubau der heutigen Klosterkirche St. Peter. Nach einem Brand wurden die Konventgebäude durch Baudirektor Gabriel de Gabrieli erneuert. Nach schwierigen Zeiten im 19. Jahrhundert wurde das Kloster neu besiedelt von der Kongregation der Schmerzhaften Mutter, genannt die Abenberger Schwestern. Die Verehrung der seligen Stilla ist bis heute in der Bevölkerung fest verankert. Gerade dafür ist die Stiftung des Abenbergers Fritz Riehl ein Zeichen.

Emanuel Braun

Klosterkirche in Abenberg

Die heutige Klosterkirche St. Peter wurde 1677 nach Plänen von Hofbaumeister Jakob Engel errichtet.

Klosterkirche Abenberg

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