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Der Altar in der Scheunenkirche St. Gunthildis in Dettenheim (Juni 2018)

Der Altar der Kirche von Dettenheim, Pfarrei Weißenburg ist bereits zur Zeit seiner Entstehung im Jahr 1956 so konzipiert, dass der Priester zum Volk hin zelebrieren konnte, hat also die Neuerung des II. Vatikanischen Konzils schon vorweggenommen. Er ist eine Schöpfung des Kuraten Gregor Schneid, wie auch die gesamte Kirche von ihm geplant ist.

In dem Straßendorf, das ursprünglich zur Grafschaft Pappenheim gehörte, gibt es ein spätbarockes Schlösschen von 1782, auf dessen Areal eine Scheune aus Bruchstein und mit Fachwerkobergeschoß aus dem Jahr 1814 steht. Nach dem Zweiten Weltkrieg siedelten sich in dem Dorf, das über eine protestantische Kirche verfügt, auch katholische Heimatvertriebene an. Das Schloss wurde 1932 als Alterssitz von Adam Vorbeck erworben, der in Memel/Litauen eine Fabrik geleitet hat. Diese Familie ermöglichte es, dass in einem Saal des Schlosses die Katholiken Gottesdienst feiern konnten. 1955 wurde Gregor Schneid zum Kurat von Dettenheim ernannt und er entwickelte zusammen mit der Familie Vorbeck ein beeindruckendes, einmaliges Konzept, mit dem ein Teil der Scheune zu einem Sakralraum umfunktioniert worden ist.

Gregor Schneid wurde 1910 in einer Bahnwärterfamilie in Eitensheim geboren. Das Abitur legte er in Dillingen ab. Sein dringender Berufswunsch war es, als Missionar tätig zu sein. Deshalb trat er in das Kloster der Missionsbenediktiner in Sankt Ottilien ein. Er verfügte aber auch über große Begabung in Geschichte, Kunst, Handwerk und war ein Organisationstalent. Das Studium der Theologie absolvierte er in München und Eichstätt. Aufgrund seiner körperlichen Gebrechen konnte er keine Aufgabe in der Mission übernehmen, stattdessen wurde er Priester der Diözese Eichstätt. Nach verschiedenen Stationen versah er von 1945 bis 1954 das Amt eines Kooperators in Ellingen. Dort kam er in Kontakt mit der Nürnberger Kunstakademie, die wegen Kriegsschäden in das Ellinger Schloss ausgelagert war. Er betrieb dort eine Art Selbststudium und freundete sich mit dem Professor für Innenarchitektur Wunibald Puchner an. Gregor Schneid war maßgeblich beteiligt an der Behebung von Bombenschäden, z. B. an der Pfarrkirche St. Georg. Er entdeckte bei Suffersheim die mittelalterliche Wallfahrtskirche zur hl. Gunthildis und betrieb ihre Ausgrabung. Er galt als sehr umgänglicher, weltoffener Geistlicher, der seinen Prinzipen treu blieb. 1962 wurde ihm die neu errichtete Kuratie Markt Berolzheim übertragen. Nach einer schweren Erkrankung verstarb er 1967 in einer Würzburger Klinik.

Für die Realisierung der Scheunenkirche standen nur wenige Geldmittel zur Verfügung. Umso mehr brachten sich die Gläubigen ein. Gregor Schneid beweis einen starken Sinn für die Werte historischer Bau- und Handwerkskunst, so dass die Eingriffe in die Scheune äußerlich kaum wahrnehmbar sind. Nach dem Betreten überrascht der Raum durch eine ganz eigene mystische Atmosphäre. Der düstere Raum besteht aus rohem Bruchsteinmauerwerk und der rustikalen Holzkonstruktion des Daches. Der Altarraum befindet sich in einem rückwärtigen Anbau, der durch ein Oberlicht erhellt wird. Der schlanke Altarstipes ist aus wiederverwendeten Bruchsteinen aufgeführt, die unter anderem aus den Resten der Gunthildiskapelle bei Suffersheim geborgen worden sind. Die Reliquien sind in einem Kästchen aus Messing geborgen. In für die Zeit der Fünfziger Jahre typischen ausladenden Proportionen ist die Mensaplatte aus Juramarmor gehalten. Hinter dem Altar ist in eine Wandnische der Tabernakel aus geschmiedetem Messing gesetzt, dessen Füße aus Löwenfiguren bestehen, wie man sie von altägyptischen Denkmälern her kennt. Die Front wird von griechischen Buchstaben geziert, die sinngemäß ausdrücken: Jesus Christus wird siegen am Kreuz. Weitere rustikal geschmiedete Einzelteile unterstreichen den Charakter der Scheune.

Die Scheunenkirche kann als Gesamtkunstwerk gelten, das die Handschrift des Priesters und Künstlers Gregor Schneid trägt. Die Raumwirkung ist wohl etwas beeinflusst von Werken des großen Kirchenbaumeisters Dominikus Böhm. Gregor Schneid entwickelte in den Detailformen eine eigene expressionistisch ländliche Formensprache, in der die Materialität eine wichtige Rolle spielt. Bis heute wird die Scheunenkirche von der Gemeinde geschätzt und liebevoll gepflegt.

Emanuel Braun

Scheunenkirche Dettenheim

Die Scheunenkirche St. Gunthildis in Dettenheim wurde 1956 geweiht. Das Gotteshaus ist eine Filialkirche der Pfarrei Weißenburg.

Pfarrverband Weissenburg

 

In der Reihe Kunstwerk des Monats wird regelmäßig ein Objekt vorgestellt, das von besonderer künstlerischer oder historischer Bedeutung ist. mehr...