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18.07.2022

Auf der Suche nach einer endgültigen Heimat: Das Diözesanmuseum zwischen 1901 und 1982

Abbildung: Ausschnitt einer Seite aus dem ersten Museumsinventar mit der Handschrift des ersten Konservators, Felix Mader. (Repro: Dr. Claudia Grund/Domschatz- und Diözesanmuseum)

Nachdem der Priester und Sammler Sebastian Mutzl um 1900 seine Kunstsammlung als Schenkung an den Eichstätter Bischof Franz Leopold Freiherr von Leonrod übereignet hatte, sorgte dieser zügig für eine angemessene Präsentation. Kurz zuvor war es gelungen, die ehemalige fürstbischöfliche Sommerresidenz, die zwischenzeitlich sogar für Militärzwecke missbraucht und schwer herunter gewirtschaftet worden war, vom bayerischen Staat für das Bischöfliche Seminar zurück zu erwerben. Fortan sollte sie die Bibliothek und naturwissenschaftlichen Sammlungen des Priesterseminars beherbergen, im Ostflügel wurde zudem ein Saal für das neu errichtete Diözesanmuseum eingerichtet. In einem Dekret appellierte der Bischof an die Diözesanbevölkerung, weitere Exponate beizusteuern, weil diese hier mehr Wertschätzung erführen, als wenn sie unerkannt im Verborgenen blieben. Allerdings dürfte die Sammlung damals noch nicht allgemein zugänglich, sondern im Rahmen des kunstgeschichtlichen Unterrichts der philosophisch-theologischen Hochschule genutzt worden sein. Auch legte man sie Kunstschaffenden als Anschauungsmaterial für die Vorbildhaftigkeit der alten, mittelalterlichen Kunst ans Herz. Damit steht Eichstätt, wenn auch relativ spät, im Kontext einer ganzen Reihe vergleichbarer Museumsgründungen, wie etwa des Diözesanmuseums Freising.

Zum ersten Konservator des Museums ernannte Bischof Leonrod den Spiritual des Klosters St. Walburg, Felix Mader (1867–1941), der in seiner weiteren Karriere zu einem der Pioniere der Inventarisation der bayerischen Kunstschätze werden sollte. So ist der Name „Mader“ bis heute geradezu Synonym für das erste und wohl grundlegendste Kunstdenkmälerinventar der Stadt Eichstätt. Für das Diözesanmuseum erstellte Mader 1903 ein handschriftliches Inventar, das auf den Angaben Mutzls beruhte. Maders „Catalog“ umfasst 212 nach Gattungen geordnete und mit Inventarnummern versehene Objekte. So knapp seine Angaben sind, liefern sie doch wichtige Informationen zum Umfang der Sammlung und insbesondere zur Provenienz, also Herkunft, der Kunstgegenstände. Maders Nachfolger führten das Inventar kontinuierlich weiter – erkennbar anhand der jeweiligen Handschriften.

Unter der Ägide des Konservators Oskar Freiherr Lochner von Hüttenbach (1868–1920), der am Bischöflichen Lyzeum Allgemeingeschichte und kirchliche Kunst lehrte, vermehrte sich der Bestand nur um 12 Exponate. Sein Nachfolger auf dem Lehrstuhl und damit auch Konservator wurde 1920 Ferdinand von Werden (1880–1948). Er betrieb eine Neuaufstellung des Museums, das deshalb von 1921 bis 1925 geschlossen wurde. Die Ausstellungsfläche wurde erweitert, indem man Exponate nun auch im „Holzersaal“, dem ehemaligen Festsaal der Sommerresidenz, präsentierte. Unter von Werden wuchs die Sammlung beträchtlich, da sie mit Zukäufen und Tauschgeschäften sowie aus Nachlässen und Geschenken, nun auch unter Einbeziehung der Epochen Barock, Rokoko und Klassizismus, erweitert wurde.

In der Zeit um 1930 regte das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege an, die Sammlung auf die Willibaldsburg zu verlegen und zusammen mit der Sammlung des Historischen Vereins zu präsentieren, was an einer vertraglichen Vereinbarung scheiterte. Während des zweiten Weltkriegs befürchtete man, dass das Seminar und die Hochschule durch die Machthaber aufgelöst und seine Sammlungen beschlagnahmt werden könnten, weshalb man 1941 diskret die Schließung des Museums verfügte. Ein Großteil der Sammlung wurde geräumt, zahlreiche Kunstwerke wurden, restauriert und nicht selten durch neue Attribute „umgedeutet“, in Altäre des frisch renovierten Domes integriert. Gegen Ende des Krieges wurden besonders wertvolle Exponate zum Schutz vor Luftangriffen in Kellern deponiert und das Museum in der Sommerresidenz komplett geräumt. Wehmütig stellte von Werden fest, dass das mühsam aufgebaute und mit Leidenschaft betreute Museum nicht mehr existiere, vermerkte aber erleichtert, dass nichts geraubt oder zerstört worden sei – im Gegensatz zu den lokalgeschichtlichen Sammlungen des Historischen Vereins auf der Willibaldsburg, die in den letzten Kriegstagen fast komplett geplündert oder mutwillig zerstört wurden. Die Nachkriegszeit brachte auch für das Diözesanmuseum zunächst ungeordnete Verhältnisse. Obwohl die Bestände 1947 in die Sommerresidenz rücküberführt wurden, dürfte mangelhafte Betreuung zu Verlusten und Schäden geführt haben. Auch wurden relativ unkontrolliert Leihgaben zur Ausstattung diözesaner Liegenschaften bzw. Kirchen abgegeben.

1947/48 wurde Andreas Bauch (1908–1985) Nachfolger Ferdinand von Werdens auf dem Lehrstuhl für Allgemeingeschichte und kirchliche Kunst und damit auch Konservator des Museums. Voller Energie, Beharrlichkeit und Enthusiasmus machte er es sich neben seiner Vielzahl an Aufgaben zu seiner Lebensaufgabe, das ein Schattendasein fristende Diözesanmuseum zu revitalisieren und wieder in den Blickpunkt der Öffentlichkeit zu rücken. Überlegungen, die Sommerresidenz insgesamt für die Sammlungen des Bischöflichen Seminars zu nutzen, scheiterten an der Neuwidmung des Gebäudes als Verwaltungssitz für die neue Gesamthochschule. Für diese Hochschule wurden die Bibliotheken des Seminars und des Staates zusammengeführt und in einem neuen Gebäude am Hofgarten in den Jahren 1963–1964 untergebracht – wo auch einige Jahre ein Teil der Bestände des ansonsten heimatlosen Diözesanmuseums „abgestellt“ wurden.

Doch endlich: um 1970, zeichnete es sich ab, dass frei werdende Räumlichkeiten im Dombezirk für eine museale Nutzung geeignet erschienen, worauf über 10 Jahre der Neukonzeption, Restaurierung der Kunstwerke und Sanierung bzw. Neugestaltung der Räumlichkeiten folgten.

Bis das Diözesanmuseum 1982 in den neu gestalteten Räumen und mit einem damals innovativen Museumskonzept neu eröffnet werden konnte, sollte es ein weiter Weg sein, der Thema des nächsten Beitrags unserer Serie sein wird.

Dr. Claudia Grund

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