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13.06.2022

Sebastian Mutzl (1831-1917) – Priester und Sammler

Repro: Domschatz- und Diözesanmuseum

Abbildung: Das Diözesanmuseum in der ehemaligen fürstbischöflichen Sommerresidenz. Postkarte nach 1903. Repro: Domschatz- und Diözesanmuseum

Im Jahr 2022 begeht das Domschatz- und Diözesanmuseum sein 40-jähriges Bestehen in seinen Räumen beim Dom. Den Kernbestand des 1901 begründeten Museums bildet bis heute die Sammlung meist mittelalterlicher Kunst des Priesters und Sammlers Sebastian Mutzl.

Mutzl war ein tief gläubiger Mensch und überzeugter Priester, seine wahre Leidenschaft, ja sein Sendungsbewusstsein scheinen jedoch der Kunst gegolten zu haben – als Künstler, Kunstkenner und Sammler. Denn seine Beschäftigung mit religiöser Kunst beschränkte sich nicht nur auf die eigene künstlerische Tätigkeit oder die damit verbundene Restaurierung von Kirchen und ihrer Ausstattung, sondern äußerte sich auch in der Erforschung und im Sammeln historischer Kunstwerke, vornehmlich aus dem Spätmittelalter und der Frühen Neuzeit.

Nachdem am Eichstätter Lyzeum erst ab 1893 Kunstgeschichte zum Lehrplan gehörte, erhielt Mutzl keine dezidiert kunsthistorische Ausbildung im Rahmen der vorbereitenden Studien für das Priesteramt. Doch hatte er wohl bereits während seiner Ausbildung und bis zu dessen frühem Tod engen Kontakt zu seinem väterlichen Freund Joachim Sighart (1824-1867). Dieser hielt als Professor für Philosophie in der Nachbardiözese Freising auch Vorträge zur allgemeinen Ästhetik und Kunstgeschichte. Auf Anregung und mit Unterstützung von König Maximilian II. von Bayern verfasste er eine gesamtbayerische Kunstgeschichte, die in zwei Bänden 1862/63 erschien und Sighart zum Begründer der bayerischen Kunstgeschichtsschreibung machte.

Sighart, der 1857 seine privaten Sammlungen mittelalterlicher Kunst an das Freisinger Priesterseminar als Lehrsammlung übergab – sie bilden bis heute einen Grundstock des dortigen Diözesanmuseums –, wurde auch als Sammler zum Vorbild für Mutzl. „Der Verfall der kirchlichen Kunst geht ja gleichen Schrittes mit dem Verfalle des kirchlichen Wesens“ beklagte Mutzl in einem unveröffentlichten Manuskript. Diesem Verfall versuchte er mit seiner eigenen Kunstsammlung entgegen zu wirken, die er in den letzten drei bis vier Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts mit vornehmlich Objekten aus dem Bistumsgebiet anlegte. 1899 übereignete er davon 64 Kunstwerke dem Eichstätter Bischof als Schausammlung zur Priesterausbildung, den Rest vermachte er 1917 testamentarisch dem Bischöflichen Stuhl.

Nur wenig ist darüber bekannt, wie und woher Sebastian Mutzl seine Kunstwerke bezog. Es gibt weder Quellen zu den Vorbesitzern, zu den genauen Standorten sowie Zeitpunkten und Motiven der Erwerbung. Einzig ein 1899 anlässlich der Schenkung seiner Sammlung erstelltes „Kunstverzeichnis“ nennt Herkunftsorte im Bistum Eichstätt oder in Verbindung zur Biografie Mutzls. Teils dürften die Kunstwerke durch befreundete Kunstkenner und Sammler vermittelt worden sein, meist handelt es sich bei den Vorbesitzern, abgesehen von Klöstern, um Vertreter des geistlichen Standes, der gehobenen bürgerlichen Schicht sowie um Handwerker aus Eichstätt und Umgebung, aus Neumarkt und München. Meistens gelangten die Objekte durch Schenkung in Mutzls Besitz, auch dürfte er mit anderen Sammlern Tauschhandel betrieben haben. Sein „Kunstverzeichnis“ benennt 67 Skulpturen, unterteilt nach Statuen und Reliefs, 26 Gemälde, nicht näher benannte Handzeichnungen sowie acht Glasgemälde. Bei der Beschreibung seiner Kunstwerke interessierten Mutzl weniger stilkundliche Aspekte, als ihre „inneren“ Werte und vor allem ihre Aussagekraft hinsichtlich der christlichen Glaubensverkündigung. Die Objekte teilte Mutzl nach Stilepochen ein und differenzierte eine Auswahl nach Qualitätsmerkmalen wie „hochfein“ oder „vorherrschend Kunsthandwerk, ohne gut“. Wichtig war ihm ihre Charakterisierung durch für Nazarener typische Begriffe wie gütig, treu, heilig, allmächtig, sowie ruhige Haltung, Innigkeit, Idealismus, jugendlicher Zug oder Rittertum. Grundsätzlich stand Mutzl modernen Kunstströmungen wie dem Jugendstil oder dem Impressionismus kritisch gegenüber, wie überhaupt der Moderne insgesamt. So forderte er den Betrachter auf, in den monumentalen „Werken der alten Kunst… den Abdruck des Schöpfers, in ihrer Ruhe seine Unwandelbarkeit, in der Schlankheit ihrer Gestaltung seine geistige Natur, in der harmonischen Gewandung seine Heiligkeit, in dem klaren Einklang sein ungestört gerechtes Wesen, in dem tiefen Gemüt, das aus ihnen spricht, seine Güte, in der Begeisterung seine erbarmende Liebe, in dem gerade offenen Sinn seine Wahrhaftigkeit und Treue“ zu erkennen.

In diesen Worten spiegelt sich Sebastian Mutzls ebenso feste wie konservative Glaubensüberzeugung und sein in sich vollkommen geschlossenes unveränderliches Weltbild. Mit seiner Sammlung spätmittelalterlicher Kunst hoffte er dieses Weltbild in einer Art Zeitkapsel konservieren und an folgende Generationen weiter geben zu können.

Dr. Claudia Grund

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