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03.05.2022

Sebastian Mutzl: Priester und Künstler

Sebastian Mutzl. Repro: Diözesanmuseum

Abbildung: Sebastian Mutzl (1831-1917). Foto: Diözesanarchiv Eichstätt (Repro: Domschatz- und Diözesanmuseum)

Im Jahr 2022 begeht das Domschatz- und Diözesanmuseum sein 40jähriges Bestehen in seinen Räumlichkeiten beim Dom. Kernbestand des 1901 begründeten Museums ist bis heute die Sammlung meist mittelalterlicher Kunst, die der Geistliche Sebastian Mutzl (1831–1917) 1899 Bischof Franz Leopold Freiherr von Leonrod übereignete.

Doch wer war der Mensch, Priester und Künstler Sebastian Mutzl, was waren seine Motive? Mutzl wurde am 8. Mai 1831 in Landshut als zweiter Sohn des hoch gebildeten Gymnasiallehrers Sebastian Mutzl d.Ä. und seiner Frau Rosina geboren. Nachdem der Vater 1845 als Schulrektor an das Königliche Gymnasium, das heutige Willibalds-Gymnasium, in die Bischofsstadt versetzt wurde, gehörte die Familie Mutzl den gehobenen gesellschaftlichen Kreisen der Stadt an. Sebastian besuchte das Gymnasium seines Vaters und absolvierte 1850 das Abitur mit Auszeichnung. Wie sein Bruder Heinrich wählte er die geistliche Laufbahn, trat ins Eichstätter Priesterseminar ein und empfing am 29. Juli 1855 die Priesterweihe durch Bischof Georg von Oettl. Bei seiner Primizfeier am 29. Juli 1855 hielt der bayerische Priester, bedeutende Kunsthistoriker und Kunstsammler Joachim Sighart die Festpredigt. In den folgenden Jahren absolvierte Mutzl verschiedene vorbereitende Stellen, bis er 1866 die Pfarrei in Enkering im Anlauertal übernahm, die er bis zu seinem Tod versah. Als Dekan des Landkapitels Greding trug er gleichzeitig kirchenpolitische Verantwortung und erhielt 1888 von Bischof Franz Leopold Freiherr von Leonrod (1827–1905) den Titel „Geistlicher Rat“.

Sebastian Mutzl – der „auch zu Hause stets in den Talar gehüllt“ war – darf als strikt konservativ-bewahrender Priester gelten. Über seine Pfarrführung bemerkte ein Nachruf, sie sei nicht geprägt gewesen von „überstürzende(r) Hast und unstäte(r) Neuerungssucht, die sich nicht genug tun können in Andachten und Vereinen, sondern (von) bedächtige(m) Konservatismus, der das Ererbte und Überkommene liebevoll pflegte und hegte (…)“. Gewissenhaftigkeit wurde seiner Amtsführung bescheinigt, Abgeklärtheit und Bescheidenheit.

Andererseits scheint Sebastian Mutzl kein überaus engagierter oder charismatischer Seelsorger gewesen zu, denn seine wahre, große Leidenschaft scheint früh der Bildenden Kunst gegolten zu haben bzw. seiner umfangreichen „Nebentätigkeit“ als Bildender Künstler. Sein Kunstsinn und nicht unbedeutendes zeichnerisches Talent, welche sich schon in der Schulzeit gezeigt hatten, wurden vom selbst kunstinteressierten Bischof Leonrod durchaus gefördert, indem er ihn immer wieder als Berater heranzog, wenn es um die Renovierung oder Ausstattung von Kirchenbauten in der Diözese ging.

Stilistisch stand Mutzl sein ganzes Leben lang unter dem Einfluss der italienischen Frührenaissancekunst und insbesondere der Künstlergruppe der Nazarener – zunächst von Peter Cornelius und später aber vor allem von Friedrich Overbeck, den auf seiner Romreise 1864 besucht hatte. Mutzls heute streng und steif wirkender Stil war für ihn Ausdruck seiner unverrückbaren, direkt den aktuellen restaurativ-konservativen kirchlichen Lehren seiner Zeit folgenden Glaubensstandpunkte. So unterwarf Mutzl sein in der Jugend noch von Witz und Virtuosität geprägtes zeichnerisches Talent dem Anliegen, ein christlicher Künstler im Sinne der soeben erst gegründeten katholischen Kunstvereine zu werden, weshalb er seinen einmal verfestigten Stil nicht mehr weiter entwickelte.

Ab etwa 1860 übernahm Mutzl Aufträge im Rahmen von Kirchenneubauten oder Renovierungen, entwarf Altarbilder, Wand- und Deckenfresken, Altäre, Tabernakel, Fassadengestaltungen, Paramentenstickereien

Buntglasfenster und sogar ganze Kapellen. Nur einige seiner Entwürfe setzte er eigenhändig um, meist jedoch realisierten andere Maler und Bildhauer das von ihm entwickelte theologische Programm und den passenden stilistischen Gesamtentwurf.

Sicherlich Höhepunkt von Mutzls künstlerischen Zusammenarbeit mit Bischof Leonrod war die Restaurierung des Eichstätter Domes zwischen 1881 und 1893, welche die Kathedrale in einen vermeintlich mittelalterlichen Zustand zurück versetzen sollte. Der Bischof leitete die Arbeiten entscheidend und wählte nicht nur Künstler aus, sondern griff auch selbst in die Entwurfsarbeiten ein. Sebastian Mutzl beriet ihn, übernahm immer wieder künstlerische Teilaufgaben und beeinflusste wohl auch das ikonografische Programm der Neuausstattung. Andererseits erlebte er hier wohl auch die größte künstlerische Niederlage seines Lebens: zu Gunsten des jungen, selbstbewussten, dynamischen und vor allem insgesamt moderneren Konkurrenten, des Kunstmalers Fritz Geiges aus Feiburg im Breisgau.

Text: Dr. Claudia Grund

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