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22.07.2021

„Geistiger Mittagstisch“: Gabriel de Gabrieli – Hofbaudirektor und Generalunternehmer

Wohnhaus Gabrielis in Eichstätt

Das Wohnhaus Gabrielis in Eichstätt. Foto: Karsten Juhl/Touristinformation Eichstätt

Druckgrafik vom 1735/45

Der Erfolgsmann Gabriel de Gabrieli, Druckgrafik von Johann Jakob Haid, um 1735/45. Repro: Domschatz- und Diözesanmuseum

Eichstätt. (pde) – Gabriel de Gabrieli hat das barocke Stadtbild Eichstätts mit seinen vornehmen Bauten geprägt. Er war aber nicht nur ein besonders begabter Architekt, sondern auch ein tüchtiger und erfolgreicher Geschäftsmann, wie Kunsthistorikerin Dr. Claudia Grund, Leiterin des Domschatz- und Diözesanmuseums Eichstätt, beim „Geistigen Mittagstisch“ des Monats Juli berichtet.

Das private Wohnhaus Gabriel de Gabrielis in prominenter Lage nahe des Marktplatzes, das er im Jahre 1732 für 2700 Gulden erworben und nach seinen Vorstellungen aufwendig umgestaltet hatte, belegt mit seiner zur Gabrielistraße gerichteten Fassade eindrucksvoll das Selbstbewusstsein und das Selbstverständnis des Architekten. Es ist das Haus eines fürstbischöflichen Hofbaumeisters und erfolgreichen Geschäftsmanns, der sein Ansehen und seinen Reichtum nicht dezent versteckte, sondern stolz nach außen zeigte. Bei seinem Tod konnte Gabrieli seinen Nachkommen ein Geldvermögen von annähernd 55.000 Gulden hinterlassen, sein Wohnhaus wurde mit einem Wert von 3.800 Gulden geschätzt. Um angesichts eines festen Jahreseinkommens von etwa 400 Gulden als Hofbaudirektor ein derartiges Vermögen anzusammeln, war daher einiges an Geschick und Geschäftssinn erforderlich.

1714 war Gabrieli in Eichstätt zum Hofkammerrat und Baudirektor ernannt worden. Als solcher war er Architekt der Fürstbischöfe und Leiter des fürstlichen Bauamtes. Damit oblag ihm die Zuständigkeit für die fürstlichen Bauten und andererseits die Aufsicht über offizielle Bauten und Baufälle im gesamten Hochstift. Dazu gehörten laut dem Kunsthistoriker Rembrant Fiedler, dem größten Kenner Gabrielis, Kirchen und Pfarrhäuser, aber auch Zehntstadel, Amtshäuser, Stadtmauern, Straßen, Brücken und Weiher bis hin zu Schweineställen, Hühnerhäusern, Zäunen, Brunnen und Öfen. Zudem hatte Gabrieli den Straßenbau, der unter Aufsicht der Zollbeamten lag, ebenso zu kontrollieren wie Schreinerarbeiten. Gabrieli war verpflichtet, mindestens zweimal im Jahr das gesamte Hochstift zu bereisen, um hier Begutachtungen und Baukontrollen auszuüben.

Als Baudirektor fungierte er als Leiter des Hofbauamtes, das wiederum der Hofkammer unterstellt war, an deren Sitzungen er teilnahm, um hier die Bausachen vorzutragen. Da er nicht alle Baufälle gleichzeitig persönlich betreuen konnte, stand ihm ein ganzer Stab von Mitarbeitern zur Seite, so der Vizebaumeister und Baumeister des Domkapitels Benedikt Ettl, der für die Kalkulation und Buchhaltung zuständige Bauschreiber, diverse Handwerker wie der Hofzimmermeister sowie die Maurer und deren Vorarbeiter, die sogenannten Poliere. Sie nahmen Baufälle in Augenschein und legten gegebenenfalls Zeichnungen wie Kostenvoranschläge vor, die wiederum zur Durchsicht an das Bauamt nach Eichstätt gingen, wobei Gabrieli stets bestrebt war, die Kosten möglichst niedrig zu halten. Der Problemfälle nahm er sich persönlich an, auch größere Bauunternehmen und Neubauvorhaben wurden von ihm selbst in Augenschein genommen.

Die Baustellen für seine fürstlichen bzw. kirchlichen Auftraggeber wurden im Regelfall von örtlichen, vertraglich gebundenen Handwerkern oder bei größeren Bauvorhaben vom Vizebaumeister oder von den Polieren organisiert bzw. überwacht. Zuweilen oblag es dem fürstlichen Bauamt und damit der Verantwortung Gabrielis zudem, die Baustellen von der Beschaffung über Lieferung der Materialien bis hin zur reibungslosen Abfolge der Fuhren mit zu organisieren.

Bei großen Vorhaben, insbesondere im Dienste von Privatleuten, meist anderen kirchlichen und adeligen Bauherren, wurde Gabrieli auch als Unternehmer tätig, wenn er nach Einreichung von eigenen Kostenvoranschlägen und Entwürfen den Auftrag für den Bau erhielt. Nicht selten lieferten Festpreise dabei dem Bauherrn Kostensicherheit, und Gabrieli im Falle der Kostenunterschreitung einen wirtschaftlichen Vorteil.

Um im Geschäft zu bleiben, hielt Gabrieli engen Kontakt mit seinen Landsleuten. So konnte er immer wieder lukrative Bauten auch außerhalb seines Hochstifts an sich ziehen und damit seinen Landsleuten zu Aufträgen verhelfen, die den Zuschlag oft wegen günstigerer Angebote bekamen. Obwohl die Zahl der Graubünder Baufachleute in Eichstätt gegenüber dem 17. Jahrhundert zurückgegangen und damit auch ihre Vormachstellung gesunken war, versuchte Gabrieli dennoch möglichst mit ihnen zusammen zu arbeiten. Auf seinen Baustellen setzte Gabrieli bevorzugt seine Poliere Johann Rigaglia, Endrea Reguzio, Giovannoi Salle, Andrea Tini und seinen loyalsten Gefolgsmann Domenico Barbieri ein, ja teilte oft mit ihnen das Geschäft oder überließ ihnen sogar den ganzen Bau, wodurch sie zu Subunternehmern wurden.

Auch ein Gabrieli musste sich zuweilen Kritik gefallen lassen. 1734 wurde er mit einer Gehaltskürzung bestraft, weil er bei den Ministerhöfen am Residenzplatz nicht schnell genug vorankam. In der Hofkammer wurde er mit den Vorwürfen konfrontiert, nur immer eigene Poliere zum Zug kommen zu lassen oder geschäftliche und private Interessen vermischt, ja angeblich sogar Privatarbeiten in die Abrechnungen „hineingemenget“ habe. Selbst der Fürstbischof merkte einmal an, Gabrieli wolle nur wieder seine Finger im Spiel haben.

Wie sehr geschäftliche und private Interessen verzahnt sein konnten, berichtet Barbieri in seiner Autobiografie, die ein lebendiges Bild vom damaligen Baugeschehen mit durchaus handfesten Animositäten der „Welschen“ untereinander und dem ständigen Misstrauen der einheimischen Bauleute liefert. Demnach versuchten 1731 Gabrieli und andere Misoxer, den jungen Domencio Barbieri zur Heirat mit der Tochter des gerade verstorbenen Ingolstädter Festungsbaumeisters Georg Sälzl zu drängen, um so über eine ortsansässige Frau leichter gesellschaftlichen Anschluss zu erlangen und damit über Barbieri in Bayern möglichst viele Baustellen an sich ziehen zu können. Allerdings siegte auch hier Barbieris Patriotismus – und er heiratete traditionsgemäß in seiner Heimat.

Bei aller Kritik scheint Gabriel de Gabriele dennoch als Fachmann höchstes Ansehen genossen zu haben, erfuhr seine Person, Arbeit und Baukunst breite Zustimmung. Dies zeigt sich auch darin, dass während seiner gesamten Tätigkeit in Eichstätter Diensten kein auswärtiger Architekt für den Hof hinzu gezogen wurde. Die große Zahl seiner, von einer ebenso eleganten wie heiteren Grundhaltung geprägten Bauten in Stadt, Bistum, ehemaligem Hochstift Eichstätt und darüber hinaus sprechen für seinen Fleiß und seinen Erfolg.

Text: Claudia Grund/pde

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