Zum Inhalt springen
23.04.2021

Der Eichstätter Hofbaumeister Gabriel de Gabrieli

Gabriel de Gabrieli, zeitgenössische Grafik um 1735-45. Foto: Domschatz- und Diözesanmuseum

Der Residenzplatz in Eichstätt wurde nach Plänen von Gabrieli errichtet. Foto: Norbert Staudt

Am 18. Dezember 1671 wurde in Roveredo, dem Hauptort des italienisch sprachigen Misoxtales in Graubünden, Gabriel de Gabrieli geboren. Anlässlich seines 350. Geburtstages wandelt die diesjährige Reihe „Geistige Mittagstisch“ auf den Spuren seines Lebens und seines architektonischen Schaffens .

Mit dem Start der neuen Saison des Domschatz- und Diözesanmuseums im April hätte auch die Kurzführungsreihe „Geistiger Mittagstisch“ wieder beginnen sollen. Auch wenn das Museum in Eichstätt aufgrund der Corona-Pandemie noch nicht öffnen kann, serviert Museumsdirektorin Dr. Claudia Grund dennoch den „Geistigen Mittagstisch“ einmal monatlich – wenn auch vorerst nur in schriftlicher Form. Den Auftakt macht sie mit Barockbaumeister Gabriel der Gabrieli.

Am 18. Dezember 1671 wurde in Roveredo, dem Hauptort des italienisch sprachigen Misoxtales in Graubünden, ein kleiner Junge geboren. Er sollte mit 14 Jahren seine Maurerlehre beginnen und nach einem langen, arbeitsreichen Wirken im Jahre 1747 sein Leben als hoch geschätzter und vermögender Hofbaudirektor der Fürstbischöfe von Eichstätt beschließen. Sein Name war Gabriel de Gabrieli. Anlässlich seines 350. Geburtstages wandelt die diesjährige Reihe „Geistige Mittagstisch“ auf den Spuren seines Lebens und seines architektonischen Schaffens – sobald es die Lage zulässt in Form von Führungen.

Wie kein anderer Architekt hat Gabriel de Gabrieli seit seinem Dienstantritt in Eichstätt im Jahre 1715 das barocke Stadtbild mit seiner unverwechselbaren Handschrift aus italienisch-wienerischen Elementen geprägt. Während seiner über 30jährigen Tätigkeit als Hofbaudirektor der Fürstbischöfe hinterließ er ein umfangreiches bauliches Werk nicht nur in zahlreichen Orten der Diözese beziehungsweise des Hochstiftes. Auch in Eichstätt selbst, dem Regierungssitz, entstanden über 30, meist Repräsentations-, Verwaltungs- und Wohnbauten des Adels wie des Bürgertums.

Gabriel de Gabrieli gehört zur Gruppe der sogenannten „Graubündner Baumeister und Stuckateure“, welche seit dem 16. Jahrhundert fast ausnahmslos aus dem Misox hervorgingen und sich bis ins späte 18. Jahrhundert vornehmlich in Mitteleuropa verbreiteten. Den Handwerkern blieb nur die Tätigkeit im Ausland, da ein starkes Bevölkerungswachstum und nicht zuletzt ein Klimawandel viele Bewohner der kleinen Alpentäler seit dem späten Mittelalter zunehmend erwerbs- und mittellos gemacht hatten. Bald waren die gut untereinander vernetzten Graubündner Bauhandwerker, die wiederum vorwiegende Landsleute für die verschiedenen Gewerke bevorzugten, überall dort anzutreffen, wo bedeutende herrschaftliche Bauaufgaben anstanden.

Der Bauboom des 17. und 18. Jahrhunderts wurde einerseits befördert durch den Absolutismus mit seinen Ansprüchen an Repräsentationsarchitektur, die wiederum auf Adel und reiches Bürgertum abfärbten. Andererseits importierte der junge Jesuitenorden im Zuge seiner Rekatholisierungsbestrebungen für den Kirchenbau moderne Raumvorstellungen und Architekturformen aus Italien.

In Eichstätt sind Graubündner Baufachleute seit dem frühen 17. Jahrhundert nachweisbar. So wurde Giovanni Albertalli (Roveredo um 1575/80 –1657 Bratislava), der mit der Jesuitenkirche zu Dillingen den Prototyp der deutschen Wandpfeilerkirche geschaffen und als ausführender Architekt unter Elias Holl an der Willibaldsburg mitgewirkt hatte, auch für die Planung und Ausführung der Eichstätter Schutzengelkirche verpflichtet. Zehn Jahre später erbaute Martino Barbieri (Roveredo um 1583/87–1633 Eichstätt) die Klosterkirche St. Walburg ebenfalls als Wandpfeilerkirche.

Den immensen Zerstörungen des Dreißigjährigen Krieges folgte eine bauliche Hochkonjunktur in Bistum und Stadt Eichstätt. Auch weil das heimische Baugewerbe durch den Tod so vieler Menschen darniederlag, waren es wiederum die Graubündner Baufachleute, die das Bauwesen dominierten und insbesondere der Stadt Eichstätt eine neue, moderne Prägung gaben.

Seit 1661 ist in Eichstätt der Graubündner Baumeister Giacomo Angelini (Monticello 1632–1714 Eichstätt) nachgewiesen, der zunächst den Bastionsbau der Willibaldsburg leitete und schließlich den Rang des fürstbischöflichen Hofbaumeisters erlangte. Sein Nachfolger wurde Gabriel de Gabrieli, der nun den Titel eines fürstbischöflichen Hofbaudirektors und Hofkammerrats trug und in seiner langen Dienstzeit drei Bischöfen diente. Seinem wichtigsten Mitarbeiter und Schüler, Domenico Barbieri (Roveredo 1704–1764 Eichstätt), blieb es dagegen versagt, seine Nachfolge anzutreten.

Nächster und gleichzeitig letzter Hofbaudirektor wurde Mauritio Pedetti (Casasco im Val d´Intelvi/Provinz Como 1719–1799 Eichstätt). Er stammte aus einem benachbarten, bereits in Italien liegenden Tal, dessen Bewohner aber einen intensiven Austausch mit dem Misox-Tal pflegten. Der letzte Graubündner Baumeister in Eichstätt war Domenico Salle (Roveredo 1727–1808 Eichstätt), der jedoch nicht mehr den Rang eines Hofbaumeisters erlangte, sondern den Titel eines Domkapitels- und Landheilingsbaumeisters trug.

Mit seinem Tod endete die Epoche der Graubündner Baumeister in Stadt und Bistum Eichstätt, trat eine lange Zeit des baulichen Stillstandes ein. In 150 Jahren hatten die Graubündner in Eichstätt ein Stadtbild von seltener Geschlossenheit, anspruchsvoller architektonischer Qualität und hohem malerischem Reiz geschaffen. Die mit der Säkularisation verbundene Auflösung der alten Strukturen brachte ab 1802 das wirtschaftliche und kulturelle Geschehen zum Erlahmen, wovon sich Eichstätt erst wieder in der 2. Hälfte des Jahrhunderts allmählich erholen sollte.

Dr. Claudia Grund/pde

Termine

Derzeit kein Kalendereintrag vorhanden