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22.06.2021

Gestatten – Gabriel de Gabrieli ganz persönlich

Gabriel de Gabrieli 1696 im Alter von 23 Jahren. Foto: Katharina Hupp/Domschatz- und Diözesanmuseum

Portrait des einjährigen Adam Emanuel de Gabrieli mit der bei seiner Geburt verstorbenen Mutter Johanna Martha Tini. Foto: Helmut Bauer/Domschatz- und Diözesanmuseum EichstättTeaser:

Eichstätt. (pde) – Welcher Privatmann versteckt sich hinter dem erfolgreichen Architekten und Geschäftsmann Gabriel de Gabrieli? Wie waren seine familiären Verhältnisse? Diesen Fragen geht Kunsthistorikerin Dr. Claudia Grund, Leiterin des Domschatz- und Diözesanmuseums Eichstätt, beim „Geistigen Mittagstisch“ des Monats Juni nach.

Nur wenig ist über die Zeit vor Gabrielis erster Anstellung in Wien 1694 bekannt. Da das Taufregister in Roveredo nicht erhalten ist, sind Geburtsort und Geburtstag nur indirekt überliefert. Die früheste Erwähnung findet sich 1689 in einer Auflistung der Sakramentsbruderschaft seines Heimatortes. Auch ist seine Familie nicht von Adel, das Präfix „de“ vor dem Familiennamen führt erst er. Gabrielis beruflicher Werdegang wurde durch den Beruf des Vaters als, offensichtlich nicht unvermögender, Maurermeister und die Verwandtschaft mütterlicherseits zur bedeutenden Baumeisterfamilie Zuccalli vorgezeichnet.

Wahrscheinlich bereits mit 18 Jahren scheint er mit einem Bautrupp nach Wien gelangt zu sein, bekam in Diensten des Fürsten von Liechtenstein schnell verantwortungsvolle Aufgaben übertragen und hatte wohl bereits jetzt Bauprojekte selbständig zu entwerfen, zu organisieren und durchzuführen, stieg vom Maurermeister zum fürstlichen Baumeister auf. Neben seinem Talent, Ehrgeiz und ansehnlichem Selbstbewusstsein scheint der junge Mann ein einnehmendes Wesen besessen und im Umgang mit hohen Herrschaften gewandt gewesen zu sein, was ihm auch bei seinem Wechsel an den Hof der Markgrafen von Ansbach zugute kam.

Als frisch gebackener fürstlich ansbachischer Baudirektor hatte Gabrieli endlich die sichere Position und das Einkommen, um eine Familie zu gründen – nun bereits 39 Jahre alt. Er reiste im Winter 1709/10 in seine Heimat, um dort Giovanna Marta Tini zu heiraten. Während allerdings viele Graubündner Bauleute jeden Winter in ihrer Heimat verbrachten, überwinterte Gabrieli nur hin und wieder in Roveredo, um sich dort privaten Geschäften und der Familie zu widmen. Daher folgte ihm seine 20 Jahre junge Frau nach Ansbach, wo sie in relativ kurzer Zeit fünf Kinder gebar: Wilhelmine Christine, Wilhelm Friedrich, Jacob Wilhelm Joseph, Johann Martin und zuletzt im Jahre 1715 Adam Emanuel, dessen Geburt die junge Ehefrau nur wenige Tage überlebte. Gabrieli ließ seine „eheliebste“ Frau ins katholische Herrieden überführen und hier bestatten. Wie sehr er um Giovanna Marta trauerte, zeigt das anrührende Portrait des etwa einjährigen Adam Emanuel mit seiner verstorbenen Mutter, das sich im Diözesanmuseum befindet.

Zu diesem Zeitpunkt hatte Gabrieli längst Beziehungen nach Eichstätt aufgebaut und hier mit selbstbewusstem Auftreten auf sich aufmerksam gemacht. Einerseits fertigte er ein Gutachten für den Eichstätter Dom und Entwürfe für dessen neue Westfassade. Andererseits konnte er sich der Fürsprache durch das Domkapitel sicher sein, da er diesem 3000 Gulden (dieser Betrag entsprach den Baukosten für eine kleine Landkirche) als Darlehen zur Verfügung gestellt hatte. Das Vorstrecken größerer Summen, das Gabrieli auch später oft praktizierte, spricht für sein stattliches Vermögen ebenso wie sein außerordentliches Geschäftstalent und bereits in seiner Heimat gerühmtes Verhandlungsgeschick.

Um seine Kinder versorgt zu wissen, heiratete Gabrieli bereits im Jahre 1715 Magdalena Pfaller, die Tochter eines Eichstätter Hofkammerrates. Auch aus dieser Ehe gingen fünf Kinder hervor. Als erste Tochter wurde 1718 Maria Antonia Margarita geboren, die den Eichstätter Hofrat, Hof- und Stadtarzt Andreas Starckmann heiratete. Zwei Mädchen und ein Knabe starben im Kleinkindesalter, das letzte Kind, Johanna Martha Maria Magdalena, wurde 1729 geboren. Die Familie wohnte seit 1732 in 1A-Lage in der heutigen Gabrielistraße, wo sich der Hofbaudirektor ein um 2700 Gulden erworbenes Anwesen zu einem repräsentativen Privatwohnhaus umbaute.

Sehr vermögend geworden, nutzte er andererseits seinen Reichtum mehrfach, um anderen zu helfen und zum Beispiel Kautionen für Inhaftierte zu bezahlen. Überhaupt wird ihm immer wieder erstaunliches soziales Engagement attestiert. So schickte er 1744 seinen engsten Vertrauten, den Baumeister Domenico Barbieri, nach Roveredo, um ein Inventar seiner dortigen Güter anzulegen, um diese wiederum in eine Stiftung für uneheliche und mittellose Eichstätter Kinder einzubringen. Barbieri, ebenfalls aus Roveredo stammend und Lokalpatriot, überzeugte jedoch seinen alten Meister, das Kapital zur Gründung einer Lateinschule in der Graubündner Heimat zu verwenden.

Im persönlichen Umfeld hatte Gabrieli nicht nur den frühen Tod seiner ersten Ehefrau und dreier Kleinkinder zu betrauern, 1726 starb bei den Bauarbeiten in Hohenbaldern zunächst sein Sohn Wilhelm Friedrich und wenige Wochen später sein Bruder, der Stukkateur Franz Gabrieli, an der Ruhr. 1733 starb mit Giovanni Rigalia einer seiner treuesten Mitarbeiter, 1745 sein Sohn Jakob Wilhelm.

Gabriel de Gabrieli starb nach langer Krankheit am 21. März 1747, seine Ehefrau Maria Magdalena überlebte ihn bis 1769. Sein Nachlassverwalter Domenico Barbieri betreute die Errichtung des, von Gabrieli selbst entworfenen prächtigen Grabmals auf dem Eichstätter Ostenfriedhof, das in Bild und Inschrift bis zuletzt von dessen beachtlichen Selbstbewusstsein zeugt:

„Halte Wanderßmann und beschaue dieses steinerne toden gerüst, Welches der Hochfürst: Eychstett: Hoff Cammer Rat und bau Director gabriel De Gabrieli auf dem Krankenbette selbsten entworffen und bey seiner grabstatt zu errichten anbefohlen. Irre dich nicht, Wandersmann, dieses ist kein Todengerüst, Eß ist ein Entwurff desjenigen Waß er im Leben durch kunst erlanget und in der jugend geliebet hat. Hier Ligt der jenige Welcher in noch nicht manbahren jahren die Edle bau Kunst sehr Hoch getrieben, davon gibt ihn der Fürst Lichtensteinsche ballast zu Wien, dan die Residenz zu anolzbach den wahren beweiß, Waß treffliche gebäu hat er nicht nach anorden der befehlenden der residenz statt Eychstätt in Vier und dreysich jahr gegeben. Waß Kirchen und altär in der statt und auf dem Land hat er nicht errichtet und gezieret, hat er sich nicht würdig gemacht auch Einsmals vor den altar der Vergeltung belohnet zu werden. Er hat dahier in diensten dreyer Hochwürdigsten bischöff und Fürsten bewiesen, waß er in der jugend gelernet und bis in das zwey und achzigste jahr fortgefihret, dan den ein und zwanzigsten Monaths tag Marzy des Eintausend sieben hundert und sieben Vierzigsten jahrs mit dem Leben beschlossen. Er erwartet für diese grose Miehe und seine besondere Liebe gegen den allmächtigen Gott der gebenedeyesten Jungfrauen Maria und allen Heiligen, diejenige dauerhafte belohnung Welche die welt ihn und den seinigen Nicht geben noch zu Ertheilen Vermag. Wandersmann, bitte also Vor ihn und wünsche den jenigen, die Hier in staub und aschen Ligt und die fröliche auferstehung Hoffet die Ewige Ruhe. Amen.“

Text: Claudia Grund/pde

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