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Die Madonna des Abtes Johannes Menger von Kastl (Dezember 2017)

Am ersten Pfeiler der nördlichen Arkaden des Mittelschiffs der ehemaligen Klosterkirche und heutigen Pfarrkirche St. Peter in Kastl befindet sich ein Denkmal der Renaissance aus Jurakalkstein, das eine Madonna mit Kind zeigt, die von einem Abt verehrt wird. Die Inschrift in der Kartusche verrät, dass es sich um den Abt Johannes Menger handelt, der von 1539 bis 1554 das Benediktinerkloster geleitet hat. Das Stück ist nach dem Abbruch der sog. Stifterkapelle im Kloster in die Kirche versetzt worden.

Die Muttergottes steht vor einer Ädikula, die durch die Kassettierung des Gewölbes perspektivisch konstruiert ist. In den Zwickeln befinden sich kleine Engelsköpfe. Die Muttergottes im Typus der Himmelskönigin mit Krone und als vornehme, jugendliche Gestalt präsentiert mit der rechten Hand eine Weintraube. Das Jesuskind schmiegt sich an die Mutter und umarmt sie. In der Plastizität des Figürlichen ist ein Realismus spürbar, doch in der Gewandbehandlung finden sich noch Formen der Spätgotik. Der Abt kniet in typischer Stifterpose auf einer separaten polygonalen Konsole. Er trägt das Meßgewand und die Pontifikalien, Mitra und Stab. Jedoch fällt dem kirchengeschichtlich bewanderten Betrachter auf, dass der Abt ein Rationale trägt, und zwar eines, das sehr vergleichbar ist mit dem des Eichstätter Bischofs Johann von Eych (1445-1464). Wie kommt es dazu?

Das Bildwerk wird aufgrund überzeugender Kriterien als eigenhändiges Werk des Meisters Loy Hering geführt und in die Zeit um 1539 bis 1543 datiert. Warum hat also der Abt den Eichstätter Meister mit diesem Werk beauftragt, und warum zeigt er sich mit dem Rationale, das nach Kirchenrecht nur einem Bischof zusteht?

Schriftliche Quellen, die eine Auskunft geben würden, sind bislang nicht bekannt. Deshalb bleiben nur spekulative Überlegungen. Man kann annehmen, dass sich Abt Menger in diesen schwierigen Zeiten profilieren wollte und dass er sich bewusst als Marienverehrer darstellen ließ. Vielleicht wähnte er sich so weit vom Bischofssitz entfernt, dass er sich auf eine solche Anmaßung einlassen konnte? Aufgrund seiner Kontakte nach Eichstätt kann er dort leicht den gefragten Künstler Loy Hering kennengelernt haben.

Ein zweites Denkmal in der Kirche, das man als Epitaph bezeichnen kann, ist ebenfalls von Loy Hering zur selben Zeit ausgeführt. Als Bildmotiv ist Abt Johannes Menger als demütiger Beter vor dem Gekreuzigten gewählt worden.

Kastl ist das bedeutendste Benediktinerkloster des baierischen Nordgaus. Es wurde um 1102 gegründet und mit Mönchen aus dem Hirsauer Reformkloster Petershausen bei Konstanz besiedelt. Einer der adeligen Stifter war Markgräfin Luitgard, die Schwester des Bischofs Gebhard von Konstanz. Die weiteren Stifter waren die Grafen von Kastl-Habsberg und die Grafen von Sulzbach, die das Kloster mit einem umfangreichen Grundbesitz ausgestattet hatten. Es entstand eine imposante Anlage, die den Charakter einer Burg hat. Die Kirche, ursprünglich eine romanische Hallenkirche, gehört zu den frühesten großen Gewölbebauten in Deutschland. Seit dem 14. Jahrhundert hatten die Äbte, das Recht, die Pontifikalien zu tragen. Im 15. Jahrhundert galt Kastl als Reichsstand und war Ausgangspunkt einer benediktinischen Erneuerungsbewegung. Mißwirtschaft führte im 16. Jahrhundert zu einem Niedergang. Auf Anordnung des protestantisch gewordenen Kurfürsten Ottheinrich mußten 1556 die verbliebenen Mönche sich zur neuen Kirchenordnung bekennen. Die offizielle Auflösung des Konventes erfolgte im Jahr 1563.

Emanuel Braun

Pfarrkirche Kastl

Die Pfarrkirche St. Peter wurde als Kirche des Benediktinerklosters geweiht. Seit der Auflösung des Klosters im 16. Jahrhundert ist das Gotteshaus die Pfarrkirche der katholischen Pfarrei Kastl.

Video: Die ehemalige Klosterkirche Kastl
Video: Pfarrkirche Kastl

In der Reihe Kunstwerk des Monats wird regelmäßig ein Objekt vorgestellt, das von besonderer künstlerischer oder historischer Bedeutung ist. mehr...