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Die Christus-Thomas-Gruppe von Landerzhofen (Mai 2018)

Die Gredinger Filialkirche St. Thomas in Landerzhofen mit einem Patrozinium, das im Bistum Eichstätt wenig verbreitet ist, birgt eine hochinteressante plastische Darstellung von Christus und dem „ungläubigen“ Apostel Thomas.

Die beiden Figuren von ungefähr gleicher Statur sitzen nebeneinander auf einer Bank. Die rechte Gestalt ist durch den Kreuznimbus als Christus gekennzeichnet. Dieser richtet den Blick frontal auf den Betrachter. Er ist bekleidet mit einem langen Gewand und einem Umhang, der auf der linken Schulter liegt und die Beine bedeckt. Er zieht vorsichtig mit der linken Hand die vom Lanzenstich herrührende Wunde an der rechten Brusthälfte auseinander. Der Stoff ist an der Stelle durchtrennt. Christus legt seinen rechten Arm um die Schultern des Jüngers. Dessen Oberkörper ist leicht nach links, also zu Christus gewandt. Thomas streckt zwei Finger der rechten Hand aus und führt sie an die Wunde Jesu. Die Gesichter sind fast identisch, was in der Bildersprache des Mittelalters als Verwandtschaft gilt. Sie sind von Strenge, Ernst und Hoheit gekennzeichnet. Die altersmäßige Charakterisierung ist bei beiden fast identisch. Ihre Gewänder sind in weichen Falten den Körperformen angepasst. Somit ist also erkennbar, dass diese Skulptur aus Holz mit polychromer Fassung das bekannte Evangelium nach Johannes 20, 24-29 erzählt.

Landerzhofen lag auf dem Gebiet des Hochstifts Eichstätt. Wie es bei einem mittelalterlichen Bau zu erwarten ist, gibt es zur Geschichte der Landerzhofener Kirche nur wenige zuverlässige Daten. Da für das Jahr 1308 eine Kirchweihe überliefert ist, kann man davon ausgehen, dass der Bau im 13. Jahrhundert entstanden ist. Er gehört dem Typus der Chorturmkirche an, die sogar noch über eine wehrhafte Friedhofsbefestigung mit einem Torturm verfügt. Da das Obergeschoß des Turmes durch einen Blitzschlag zerstört wurde, führte 1681 der Hofbaumeister Jakob Engel die Reparatur aus. 1707 bis 1708 wurde die Sakristei als Anbau errichtet und das Langhaus erweitert unter der Leitung des Baumeisters Johann Baptist Camesino. 1790 wurde der Raum mit einer Putzdecke versehen.

Die hochgotische Skulptur wird in die Zeit um 1330 bis 1360 datiert. Zweiergruppen mit dem Apostel Thomas sind zwar in der Kunstgeschichte bekannt, doch bislang kennt man keine solche Gruppe als Sitzfiguren. Unweigerlich kommen einem bei der Betrachtung motivische Parallelen in den Sinn, nämlich die Christus-Johannes-Gruppen. Dieser ikonographische Typus, in dem sich die brüderliche Liebe Christi zu dem Jünger Johannes ausdrückt, ist im 13. Jahrhundert in Frauenklöstern sehr beliebt. Wie Elke Reese in den Denkmalpflege Informationen des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege jüngst ermittelt hat, gibt es zwei verwandte Christus-Johannes-Darstellungen aus Sulzdorf und Hüttlingen bei Aalen, die sich heute im Diözesanmuseum Rottenburg befinden und die aus stilistischen Gründen in einen Werkstattzusammenhang gehören. Die Wurzeln dieses Typus liegen im Bodensee-Gebiet. Es wäre natürlich sehr interessant zu wissen, woher und durch wen dieses hochrangige Kunstwerk nach Landerzhofen gelangt ist. Die Skulptur dürfte ursprünglich im Altar aufgestellt gewesen sein. Vermutlich ist sie, als der Kirchenraum neu ausgestattet worden ist, an anderer Stelle aufbewahrt worden. Seit dem späten 19. Jahrhundert wurde sie wieder wertgeschätzt, was sich darin zeigt, dass es in dieser Zeit eine prächtige Farbfassung mit reichlich Blattgold erhielt. Diese Fassung könnte von dem Enkeringer Pfarrer Sebastian Mutzl konzipiert worden sein.

Emanuel Braun

Filialkirche St. Thomas in Landerzhofen

Der Bau der Gredinger Filialkirche St. Thomas in Landerzhofen geht wohl auf das 13. Jahrhundert zurück. Im 18. Jahrhundert wurde das Gotteshaus umgestaltet und erweitert.

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