Mittig im Hauptgeschoss des Reliquiars, von einem Strahlenkranz umgeben, wird hinter Glas eine Reliquie des hl. Sebastian aufbewahrt. In einem kleinen, hochovalen Metallgehäuse ist die Reliquie auf roten Samt gebettet, von Krüll und versilbertem Lahn gerahmt. Im unteren Bereich ist die typische Cedula, das Zettelchen mit der Bezeichnung gespannt: „S. Sebastian. Mart.“ Der hl. Sebastian, der im 4. Jh. während der Christenverfolgung an einen Baum gefesselt und von numidischen Bogenschützen mit Pfeilen beschossen wurde überlebt diese Marter, wird schließlich dennoch aufgrund seines Glaubens getötet. Durch sein Martyrium wird er nicht nur Schutzpatron gegen die Pest und Seuchen, also „anfliegenden“ Krankheiten, sondern auch der Bogenschützen, Soldaten, Jäger und Waldarbeiter, weswegen er gerade im ländlichen Raum häufig in Kirchen zu finden ist.
Kunstgegenstände aus der Zeit des Frühklassizismus, d.h. um 1770-1790 sind in unseren Kirchen seltener zu finden: Gerade aufgrund der kurzen Zeitspanne von ca. 20 Jahren, einer Übergangszeit vom Barock und Rokoko zum Klassizismus, bei der v.a. Girlanden und Festons als Ornamente auftreten. Auch wird eben dieser Stil schon kurz danach im Klassizismus gering geschätzt, bis in die letzten Jahrzehnte auch abfällig als Zopfstil bezeichnet.
Doch zeigen Kunstwerke wie das Bergener Sebastiansreliquiar durch die ausgewogene Komposition barocker, „zopfiger“ und klassizistischer Stilelemente eine künstlerische und ästhetische Qualität, die zu Recht heute in der Kunstgeschichte gewürdigt wird.
Katharina Hupp